„Demokratie ist nie bequem“
„Wie kann man denn so was machen? Das kann ich überhaupt nicht verstehen!“, empört sich eine Schülerin der Klasse 1BKST des Berufskollegs. Der Grund für ihre Entrüstung? Das Verhalten Theodor Heuss‘ bei der Abstimmung über das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“. Dieser votierte am 23. März 1933 gemeinsam mit seinen vier Kollegen aus der Fraktion der Deutschen Staatspartei für das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“, mit dem faktisch die parlamentarische Demokratie und die Gewaltenteilung der Weimarer Republik zerstört wurden.
Dies ist nur einer von vielen Aspekten, welchen die Schülerinnen und Schüler der 1BKST im Rahmen eines Besuchs des Theodor-Heuss-Hauses in Stuttgart über den ersten Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland kennenlernten, der sich Zeit seines Lebens dafür engagierte, die Demokratie in Deutschland als Staats- und Lebensform zu etablieren, und mit seinem Votum aus dem Jahr 1933 sein Leben lang haderte. Bei einem Rundgang durch die biographische Ausstellung „Demokratie als Lebensform“ zu Theodor Heuss und seiner Ehefrau Elly Heuss-Knapp konnten die Schülerinnen und Schüler die Anfänge und Krisen der Demokratie in der Weimarer Republik, deren Untergang im Nationalsozialismus und den Neuaufbau der Demokratie in der Bundesrepublik nachzeichnen. Bei der Führung waren sie dabei nicht nur in der Rolle der Zuhörerinnen und Zuhörer, sondern erarbeiteten selbst kleine Vorträge für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler.
Lebhafte Diskussionen gab es auch bei dem Workshop, welcher sich der Führung anschloss. Im Mittepunkt standen dabei die Grundrechte, aber auch demokratisches Handeln im Alltag. Die Schülerinnen und Schüler erkannten, dass Demokratie täglich von uns allen gelebt werden muss – ob im Austausch mit Fremden auf der Straße, beim Streit mit anderen, beim Eintreten für die eigene Meinung, dem Schutz der Privatsphäre oder eben dem Gang zur Wahlurne. Beim Gespräch über aktuelle politische Entwicklungen in Deutschland und den USA wurden sie sich zudem bewusst, dass Demokratie stets in Gefahr ist und wir alle für sie eintreten müssen: „Demokratie ist nie bequem“ – darauf verwies auch schon Theodor Heuss. In Gruppen erarbeiteten sie zudem verschiedene Grundrechte und diskutierten deren Bedeutung.
Der Besuch fand statt im Rahmen des schulweiten Anliegens zur Demokratiebildung der Maria-Merian-Schule. Ein zentraler Bestandteil dabei ist die Bildungspartnerschaft mit dem Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart.
Text und Bilder: Degen