„Wir haben den Menschen gesehen“
Die Klasse SGG13/1 nimmt an einem Workshop der KZ-Gedenkstätte Vaihingen Enz teil.
Keine klassische Führung, sondern ein Workshop erwartete die Abiturientinnen und Abiturienten in der KZ-Gedenkstätte Vaihingen Enz. Vor der intensiven Auseinandersetzung mit dem Schicksal einzelner Häftlinge erfuhren sie aber viel Grundsätzliches über das Lager. Weshalb gab es in Vaihingen ein Konzentrationslager? Was hatte das mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun, was mit dem Vernichtungslager Auschwitz? Dass Vaihingen ein Außenlager des großen KZ Natzweiler in den Vogesen war, stieß auf besonderes Interesse, hatte doch die Studienfahrt im Herbst die Klasse auch dorthin geführt. Aber was war das Besondere an Vaihingen, das dieses Lager von den vielen anderen Außenlagern Natzweilers unterschied?
Mendel Gutt und Trygve Bratteli – am Beispiel dieser und weiterer Häftlinge setzten sich die Schülerinnen und Schüler mit der Geschichte der Verfolgung, der „Vernichtung durch Arbeit“, der Entmenschlichung auseinander. Der jüdische Häftling Mendel Gutt kam mit nur 15 Jahren nach Vaihingen; er und über 2000 weitere polnische Juden waren zuvor in Auschwitz selektiert und als arbeitsfähig eingestuft worden. Sie sollten in Vaihingen ab Sommer 1944 einen Steinbruch, ein riesiges Loch, so umbauen, dass dort eine Rüstungsproduktionsstätte hätte entstehen sollen, verborgen vor den Luftangriffen der Alliierten (ein Vorhaben, das scheiterte). Tygve Bratteli war ein norwegischer Häftling, späterer Ministerpräsident Norwegens, der wegen seiner Arbeit für den Widerstand gegen die Deutschen inhaftiert worden war. Er steht beispielhaft für die zweite Phase des Vaihingers Lagers, das dieses so außergewöhnlich macht: Ende 1944 wurde es zu einem Sterbelager umfunktioniert, in das aus den umliegenden Lagern all diejenigen gebracht wurden, die nicht mehr arbeitsfähig und damit in den Augen der Nazis nicht mehr lebenswert waren. Mendel Gutt war in dieser Zeit umgekehrt ins Lager Hessental gebracht worden, um dort weiterzuarbeiten.
Der letzte Teil des Workshops führte die Klasse auf den KZ-Friedhof. Dort sind etwa 1400 Häftlinge beigesetzt, die in der zweiten Lagerphase verstorben sind. In einer Aufstellung wurden die Häftlingsnummern aufgerufen und dann durch die Namen und Lebensdaten der Personen ersetzt. Die Häftlinge erhielten so ihre Namen zurück, ihre Individualität und Würde. „Die einzelnen sind nicht in der Statistik verschwunden – wir haben den Menschen gesehen“, kommentierte einer der Schüler.
Der Workshop wurde ermöglicht durch die Zusammenarbeit der KZ-Gedenkstätte Vaihingen Enz mit dem Verein Kulturerben.
Text und Bilder: Klumpp